Oberham. Wenn bei einem Brandeinsatz von der Feuerwehr-Leitstelle per Funk die Meldung durchgegeben wird "Obergeschoß in Vollbrand. Vermisste Person im Gebäude" - dann wissen alle Feuerwehrleute, dass es jetzt in Sekundenschnelle um ein Menschenleben gehen kann. Und dass rasch und vor allem richtig gehandelt werden muss, um dieses Menschenleben zu retten.
Um derartigen Einsatz-Anforderungen gewachsen zu sein, gibt es seit Jahrzehnten schon bei sehr vielen Feuerwehren den "schweren Atemschutz" - also Pressluft-Atemgeräte, mit denen speziell ausgebildete Feuerwehrleute auch in verrauchten Gebäuden mit giftigen Gasen von der Umgebungsluft unabhängig arbeiten können. Und in den letzten Jahren ist zu diesem bewährten Arbeitsgerät ein weiteres hinzugekommen: die Wärmebildkamera. Sie ist sozusagen das "dritte Auge" des Feuerwehrmannes.
Der Begriff das "dritte Auge" hat im indischen wie auch im Großteil des weiteren fernöstlichen Kulturraumes eine besondere Bedeutung. Der Begriff steht dort freilich nicht für ein zusätzliches Auge im biologischen Sinn, sondern für Eigenschaften eines Menschen, die mit dem Wahrnehmen solcher Erkenntnisse und Ereignisse zu tun haben, die dem normalen Menschen ansonsten verborgen sind.
Das Erkennen von Verborgenem ist auch bei der Wärmebildkamera der Feuerwehr - also bei dem "dritten Auge" des Feuerwehrmannes - der Haupt-Zweck. Und das hat auch nichts mit übersinnlichen Fähigkeiten zu tun. Die Wärmebildkamera ist vielmehr ein technisches "Auge", das auch in völliger Dunkelheit und in total verrauchter Umgebung Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung) erkennen und auf einem kleinen Bildschirm darstellen kann - ganz im Gegensatz zum menschlichen Auge, das für Wärmestrahlung keinerlei Sensoren besitzt. Hochempfindliche und moderne Halbleiter-Sensor-Bauteile sind in den letzten Jahren dafür entwickelt worden. Und sie wurden auch immer preisgünstiger, so dass Wärmebildkameras in immer mehr Feuerwehren mit schwerem Atemschutz zusätzlich angeschafft werden.
So auch bei der Feuerwehr Oberham in der Gemeinde Wittibreut, die erst unlängst und komplett aus eigenen Finanzmitteln eine Wärmebildkamera beschafft hat. "Die Kamera ist für eine Feuerwehr mit Atemschutz-Ausrüstung heutzutage ein unverzichtbares Hilfsmittel", so Kommandant Norbert Feldmeier, "denn sie hilft bei der schnellen Lokalisierung des Brandherdes, beim Finden von versteckten Glutnestern, und vor allem bei der Suche nach und der Rettung von Personen."
Letztgenannten Punkt konkretisiert der stellvertretende Kommandant, Thomas Zacher, der selbst im Atemschutz-Bereich tätig ist. Er kennt deshalb auch die Praxis, wenn er sagt: "Früher ertasteten sich Feuerwehrleute ihren Weg durch dichten Rauch, um dann vielleicht ein bewusstloses Opfer aufzufinden. Die Überlebenschancen für diese Opfer wurden immer geringer, da viel Zeit verloren gegangen war, bis man sie endlich gefunden hatte. Eine Wärmebildkamera kann diese Zeit drastisch reduzieren und damit die entscheidenden Sekunden gewinnen, um einen Menschen noch zu retten." - Aber auch bei der Suche z.B. nach Unfallopfern nachts in freiem Gelände ist eine Wärmebildkamera unverzichtbar.
Glücklicherweise musste die Kamera der Wehr Oberham bei einem akuten Ereignis mit einer vermissten Person in einem brennenden Gebäude noch nicht eingesetzt werden - wohl aber bei einer ungewöhnlichen Rauchentwicklung an einem Kamin, wo dank der Wärmebildkamera aber bald Entwarnung gegeben werden konnte - es wurde damit rasch festgestellt, dass keine Überhitzungen aufgetreten sind.
Mittlerweile gehört die Ausbildung an der Wärmebildkamera zum Standard bei den Übungen der Feuerwehr Oberham zusammen mit den in Kooperation dem Atemschutz-Bereich angeschlossenen Kollegen der Nachbar-Feuerwehr Gschöd. Und auch die jungen Feuerwehrleute bekommen bei entsprechenden Übungen bereits einen Einblick in die Arbeitsweise und in den Nutzen der Wärmebildkamera sowie in den Umgang damit. Auch die Haupt-Orts-Feuerwehr in Wittibreut ist natürlich mit einer solchen Kamera ausgerüstet. Und rundum nutzen immer mehr Feuerwehren dieses technische "dritte Auge", um noch rascher optimale Hilfe bringen zu können. -wh
Die gleiche Szenerie wie im Bild ganz oben, jedoch mit der Feuerwehr-Wärmebildkamera beobachtet: Deutlich ist die Person trotz Rauch anhand ihrer Infrarot-Wärmestrahlung zu erkennen. Wertvolle und oft lebensrettende Minuten oder Sekunden können durch dieses "dritte Auge" des Feuerwehrmannes gewonnen werden.
Infrarotstrahlung macht's möglich: So dringt - hier bei einer Übung der Feuerwehr Oberham - ein Atemschutz-Trupp in einen verrauchten Raum ein. Der Truppführer mit Wärmebildkamera kann in Sekundenschnelle auch verborgene Brandquellen, Glutnester oder vermisste Personen auf dem Bildschirm erkennen.
Auch die Feuerwehrjugend wird schon an die Nutzung neuer Technik in der Ausbildung herangeführt. Hier zeigt der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Oberham, Thomas Zacher (vorne, kniend), den jungen Feuerwehrleuten den Einsatz der Wärmebildkamera.